Paha Sapa, die Black Hills, waren der Mittelpunkt der Welt, der Ort der Götter und heiligen Berge, zu dem Krieger zogen, um mit dem Großen Geist zu sprechen und auf Visionen zu warten. 1868 hielt man in Washington die Berge für wertlos und überließ sie vertraglich für ewige Zeiten den Indianern (Vertrag von Fort Laramie). Vier Jahre später brachen weiße Goldgräber den Vertrag.
Sie drangen in Paha Sapa ein und suchten in den Felsen und klaren Flüssen das goldene Metall …
1874 riefen die goldhungrigen Amerikaner solche Unruhen hervor, dass die Armee beauftragt wurde, eine Expedition in die Black Hills zu unternehmen. Die Regierung der Vereinigten Staaten holte nicht die Einwilligung der Indianer zu dieser militärischen Aktion ein, obwohl der Vertrag von 1868 Weißen verbot, das Land ohne Erlaubnis der Indianer zu betreten.
Im Mond der Roten Kirschen zogen über tausend Ponysoldaten von Fort Abraham Lincoln durch die Prärie zu den Black Hills. Es war das Seventh Cavalry, und an seiner Spitze ritt General Georg Armstrong Custer, jener Star Chief, der 1868 Black Kettles Southern Cheyenne am Washita massakriert hatte. Die Sioux nannten ihn Pahuska (Long Hair), und da sie vor seinem Kommen nicht gewarnt worden waren, konnten sie nur aus der Ferne zusehen, wie die langen Kolonnen blauuniformierter Soldaten … in ihr heiliges Land eindrangen.
Als Red Cloud von Long Hairs Expedition erfuhr, protestierte er: „Ich will nicht, dass General Custer und all seine Soldaten in die Black Hills gehen, denn dies ist das Land der Oglala-Sioux“. Es war auch das Land der Cheyenne, Arapaho und anderer Siouxstämme. Die Empörung der Indianer war so groß, dass Ulysses Grant, der Große Vater, verkündete, er werde „das Eindringen von Unbefugten in dieses Land verhindern, so lange es durch Gesetz und Vertrag den Indianern zugesichert ist.“
Doch als Custer berichtete, dass die Berge „von den Graswurzeln abwärts voller Gold seien“, fielen Gruppen von Weißen wie Heuschrecken in das Land ein. Der Weg, den Custers Wagen mitten durch Paha Sapa gebahnt hatten, wurde von den Indianern bald Thieves‘ Road (Straße der Diebe) genannt.
(aus: „Begrabt mein Herz an der Biegung des Flusses“ von Dee Brown)
Damit wurde das letzte Kapitel des Vernichtungsfeldzuges gegen die indianische Urbevölkerung aufgeschlagen, der mit wenigen Unterbrechungen vor ca. 250 Jahren begann. Seinen endgültigen Höhepunkt fand er schließlich in der Schlacht am Little Big Horn.
Verbündete sind wir alle
Solange der Wind weht, das Gras wächst und das Wasser fließt, soll das Euer Land sein. Dies beinhaltet der Vertrag von Fort Laramie, welcher 1868 nach dem blutigen Krieg zwischen der US-Regierung und der Lakota (Sioux)-Nation geschlossen wurde. In der Zwischenzeit hat sich in South Dakota (USA) vieles verändert. Der folgende Artikel von Charly Juchler zeigt die positive Entwicklung und die Gefahren der Idealisierung der indianischen Kultur.
Ich war überwältigt als ich das erste Mal in den frühen achtziger Jahren in das ehemalige Lakota-Territorium reiste, und auf dem Highway 90 durch South Dakota auf die „Paha Sapa“ die sogenannten Black Hills zusteuerte. Dieses weite Land besteht im wahrsten Sinne aus Himmel und Erde eingehüllt in einer melancholischen Stille. Bevor die europäischen Einwanderer und Abenteurer bis zur Jahrhundertwende die Millionen von Bisons auf 175 Tiere ausrotteten, besass dieses Land eine Artenvielfalt welche mit der Serengeti in Afrika vergleichbar war. Die Goldfunde in den „Paha Sapa“, die Umsiedlung ganzer europäischer Dörfer und Kleinstädte, welche von den damals einflussreichen Eisenbahngesellschaften vorangetrieben wurde und der Zusammenbruch des Ökosystems, hatte das Ende des Nomadentums der Prärieindianer zur Folge.
„Tatanka Ojate“, die Bisonnation war nicht mehr und mit dem kam der Hunger, verfiel die Kultur und die Gesellschaft der berühmten Lakota (Sioux), welche mit Sitting Bull, Crazy Horse, Little Big Horn und Wounded Knee bekannt wurden. Lakota heisst Verbündete zumal sie aus sieben Unterstämmen bestehen. Einer dieser sieben sind die Oglalas, welche im Pine Ridge Reservat zuhause sind. Eine landschaftlich wunderschöne Gegend, endlose Prärie wechselt sich ab mit bewaldeten Hügeln. Die bizarren Formen und Felsen der Badlands schmücken die Silhouette der Black Hills am Horizont. Leider fehlt dem Reservat die wirtschaftliche Lebensgrundlage, welche der immens hohen Arbeitlosigkeit mit ca. 70% und dem Alkoholproblem eine Alternative bieten könnte.
Bevor der Wolf tanzte
Der Film „Der mit dem Wolf tanzt“ ist noch Jahre entfernt. Ich wurde in den achtziger Jahren eingeladen zur Sonnentanzzeremonie von Frank Fools Crow (1890 – 1989), einem alten Medizinmann und Philosophen.
Aufgrund seines Engagements für die Indianer und die Weissen wurde er unter anderem vom US-Kongress und von Präsident Bush geehrt.
Er erzählte von den Jahren der Apathie und der Repression, von der Hoffnung, dass sein uneiniges Volk wieder eins und dass ein Teil der heiligen Black Hills wieder den Lakotas zugesprochen wird. „Verbündete sind wir alle“, sprach er, „wir die Menschen der vier Farben der Welt“. Die Indianer seien nicht besser als die Weissen. Doch im Gegensatz erkennen sie sich als einen kleinen Teil der Schöpfung und respektieren deshalb alles was lebt. Das höchste Gut sei die Liebe, der Frieden und der Respekt gegenüber unserer Verschiedenheit. Einfache, tiefgründige und herausfordernde Worte von einem Mann, der soviel Grund gehabt hätte verbittert zu sein.
1990 – die Zeit der Wende
Wie eine neue Zeit erscheint es, ich hupe mir die Strasse frei, an der eine zirka 200köpfige Bisonherde entlang wandert. Mittlerweile gibt es in South Dakota wieder Tausende dieser Tiere. In Zusammenarbeit züchten die Nationalparks, die Indianerreservationen und private Rancher, die Könige der Prärie wieder zu stabilen Herden. „Tatanka Ojate“ lebt! Mit ihnen kam das Interesse und Verständnis in breiten Kreisen der amerikanischen Gesellschaft und Politik gegenüber den so lange unbeachteten indianischen Kulturen. Auch wenn es noch sehr viel zu tun gibt, ist es bemerkenswert und erfreulich wie viel positive Projekte in Zusammenarbeit mit Weissen und Indianern unter anderem auch auf internationaler Ebene entstehen. Seit dem Film „Der mit dem Wolf tanzt“ ist der Tourismus von South Dakota um 60% angestiegen, man kann sagen die prärieindianische Kultur erlebt eine Renaissance. Reisende in der Black Hill Region haben die interessante Möglichkeit, die mittlerweile zahlreichen Kunsthandwerksgalerien zu besuchen. Wer sich mit der Kultur und Philosophie befasst, kann sich im Lakota-Museum in Rapid City vertiefen. Auch an Anlässen wie zum Beispiel den Powwows fehlt es nicht. Diese indianischen Tanzfeste mit ihren traditionellen Kostümen und der lockeren, humorvollen Atmosphäre sind wieder weit verbreitet und für alle zugänglich. 1996 fand übrigens das erste grössere Powwow seit 120 Jahren wieder mitten in den Black Hills statt. Wie alles hat auch diese positive Entwicklung eine Kehrseite. Der Tourismus und dessen Infrastruktur hören zu einem grossen Teil an der Reservatsgrenze auf. Viele Indianer, die es eigentlich am nötigsten haben, profitieren kaum von diesem Boom.
In den Reservaten bewahren die Lakotas zum Teil nach wie vor ihre eigene Religion und Spiritualität. Zu verschiedenen Zeiten im Jahr zelebrieren sie ihre alten Rituale, welche der Danksagung und der Erneuerung des Lebens dienen. Nach Jahrzehnten der Unterdrückung entstand in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ein neuer US-Verfassungsartikel „Native American Religious Freedom Act“; welcher dem Praktizieren indianischer Religionen besondere Freiheit einräumt.
Idialisieren birgt Gefahren
das Bild vom armen Indianer und bösen Weissen ist ebenso schädlich, wie die umgekehrt stereotypischen Westernfilme der fünfziger Jahre.
Die Zeremonien der Indianer werden nicht publik gemacht und man zeigt Grösse und Respekt, wenn sich ein Reisender vorerst dem übrigen Angebot von South Dakota, der Kultur und Landschaft widmet.
Eingeladene oder Teilnehmer einer geführten Gruppe, die über das notwendige Verhalten aufgeklärt sind, haben eventuell die Möglichkeit in diese Welt Einblick zu finden. Es ist schmerzhaft mit anzusehen, wie viele esoterisch geschädigte Menschen den selbsternannten indianischen und nichtindianischen Gurus zum Opfer fallen. Im Idealisieren und Konsumieren der Schwitzhütten-/Friedenspfeifenrituale usw. ohne jeglichen Zusammenhang, lauert die neue Gefahr für die Lakota-Kultur. Der heutigen Realität angepasst und in allem Respekt sollten wir uns der Worte erinnern: „Solange der Wind weht, das Gras wächst und das Wasser fliesst …“
Fotos von Oben nach Unten: Red Cloud, Sitting Bull, Frank Fools Crow